Waffenruhe steht - drei Geiseln der Hamas wieder in Israel
19. Januar 2025Romi Gonen (24), Emily Damari (28), Doron Steinbrecher (31) - das sind die Namen der drei ersten Geiseln, die im Rahmen eines Abkommens zwischen Israel und der militanten islamistischen Hamas freigekommen sind. Ganze 15 Monate haben sich die drei Frauen in Gefangenschaft der Hamas befunden. Umso größer ist die Freude über ihre Freilassung. Angehörige und Freunde der Freigelassenen feierten, auf dem "Platz der Geiseln" in Tel Aviv jubelten viele Menschen. Der Vater von Romi Gonen hatte israelischen Medien bereits vor der Freilassung gesagt, seine Familie habe mehr als 11.000 Stunden auf diesen Moment gewartet.
Dann war der Moment da: Am Sonntagnachmittag übergaben vermummte Hamas-Kämpfer die drei Geiseln auf einem Platz in Gaza-Stadt dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes. Der Platz war gefüllt mit Menschen, die Busse des Roten Kreuzes hatten Mühe, durch die Menschenmenge zu kommen. Dann folgte die Übergabe an das israelische Militär. In einem Krankenhaus in Israel konnten die drei Frauen schließlich ihre Mütter wieder in ihre Arme schließen und mit Angehörigen per Videotelefonie sprechen: freudestrahlend und tränenreich, wie auf Fotos zu sehen ist, die die israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) und die Regierung verbreiten.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte: "Ich weiß, wir alle wissen, sie sind durch die Hölle gegangen. Sie treten aus der Dunkelheit ins Licht. Sie gehen von der Sklaverei in die Freiheit." Er wendete sich dann direkt an die Freigelassenen: "Romi, Doron und Emily - eine ganze Nation umarmt Sie. Willkommen zu Hause." Israels Staatspräsident Isaac Herzog sprach von einem "Tag der Freude und des Trostes".
Freude auch auf Seiten der Palästinenser
Nicht nur in Israel war vielen Menschen zum Feiern zu Mute - auch im Gazastreifen. Der Grund: die zwischen Israel und Hamas vereinbarte Waffenruhe, die am Vormittag in Kraft getreten war. "Heute sind unsere Gefühle unbeschreiblich. Es ist der erste Tag des Waffenstillstands - ein Tag, auf den wir lange gehofft haben", sagt die 21-jährige Malak Hussain aus dem Flüchtlingslager Nuseirat der Deutschen Welle. Sie sei allen zutiefst dankbar, die diesen Tag möglich gemacht haben. Sie hoffe, dass der Krieg nie zurückkommt. "Unser größter Wunsch ist es, in unsere Häuser zurückzukehren, unser Leben wieder aufzubauen und zu sehen, wie Gaza wieder zu dem wird, was es einmal war - ein Ort, an dem wir wieder in Frieden leben können."
Auch der 43-jährige Ali Nassar aus Rafah war glücklich - zunächst. "Als der Waffenstillstand angekündigt wurde, fühlte ich unermessliche Freude - er bedeutete das Ende des Blutvergießens und die Rettung von Kinderleben", sagte er der Deutschen Welle. Die Freude wurde allerdings getrübt. "Doch als ich nach Rafah zurückkehrte und das Gebiet sah, in dem ich früher gelebt hatte, überkam mich Traurigkeit. Es sah aus wie nach einem Erdbeben. Der Anblick war erschreckend." Er verlange kein Geld, sondern wünsche sich ausschließlich Frieden und Sicherheit.
Nicht alle sind einverstanden mit der Vereinbarung
Innerhalb der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu war die Vereinbarung der Waffenruhe mit der Hamas nicht unumstritten. So hat Israels rechtsextremer Polizeiminister Itamar Ben-Gvir mit seiner ultranationalistischen Partei Otzma Jehudit die Koalition verlassen. Mit ihm traten zwei weitere Minister seiner Partei von ihren Ämtern zurück. Trotzdem verfügt die Regierung von Benjamin Netanjahu mit 62 von 120 Sitzen weiterhin über eine Mehrheit im Parlament.
Der ebenfalls ultranationalistische Finanzminister Bezalel Smotrich, Chef der rechtsextremen Partei religiöser Zionismus, hat damit gedroht, auch die Regierung zu verlassen, falls Israel den Krieg gegen die Hamas beende. Ihm sei zugesichert worden, dass Israel das nicht tue.
Das weitere Vorgehen zwischen Israel und der Hamas
Die erste Phase des Waffenruhe-Abkommens, die gerade begonnen hat, soll sechs Wochen dauern. In dieser Zeit sollen 33 Hamas-Geiseln freigelassen werden. Die drei jungen Frauen haben den Anfang gemacht. 30 weitere sollen folgen. Laut eines Vertreters der Hamas sollen vier weitere Geiseln am kommenden Samstag freigelassen werden. Auch der noch amtierende US-Präsident Joe Biden sprach davon, dass in den nächsten sieben Tagen vier weitere Frauen freigelassen werden sollen.
Im Gegenzug für die 33 Geiseln sollen rund 1900 palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen entlassen werden, davon 90 - die meisten Frauen und Minderjährige - im Austausch für die drei an diesem Sonntag freigelassenen israelischen Frauen. Insgesamt sollen nun noch 95 Hamas-Geiseln im Gazastreifen sein. Allerdings geht man in Israel davon aus, dass ein Drittel von ihnen bereits tot sein könnte.
Teil des Abkommen zwischen Israel und der Hamas ist auch, dass wieder Hilfslieferungen in den Gazastreifen gelassen werden. Mehrere Hundert Lastwagen sind bereits unterwegs.
Auslöser des Kriegs zwischen Israel und der Hamas war ein Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1200 Menschen getötet und über 250 als Geiseln genommen wurden. Die Hamas wird von der Europäischen Union, den USA, Deutschland und weiteren Ländern als Terrororganisation eingestuft. Nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörde, die von der Hamas kontrolliert wird, sollen bei dem Krieg mit Israel mehr als 46.000 Menschen getötet worden sein.
Mitarbeit: Mohammed al Madhoun