Gaza-Deal: Israel lässt Palästinenser frei
20. Januar 2025Nach der Freilassung von drei weiblichen israelischen Geiseln durch die radikalislamische Hamas hat Israel - gemäß dem Gaza-Abkommen - 90 Palästinenser auf freien Fuß gesetzt. Die "Terroristen" seien aus dem Militärgefängnis Ofer im Westjordanland und einer Haftanstalt in Jerusalem freigelassen worden, erklärte die israelische Gefängnisbehörde. Es handele sich um 69 Frauen und 21 männliche Jugendliche, teilte die Hamas mit, die von Israel und etlichen westlichen Staaten als Terrororganisation betrachtet wird.
Am Sonntag war nach mehr als 15 Monaten Krieg zwischen Israel und der Hamas eine Waffenruhe im Gazastreifen in Kraft getreten, die zunächst sechs Wochen gelten soll. In der ersten von drei Phasen einer unter Vermittlung Katars, Ägyptens und den USA ausgehandelten Vereinbarung sollen - wie es hieß - rund 1900 palästinensische Häftlinge gegen 33 von insgesamt 94 Geiseln freikommen. Ob ein dauerhaftes Ende der Kämpfe erreicht werden kann, hängt jedoch von weiteren Verhandlungen ab, die in gut zwei Wochen beginnen sollen. Werde keine Einigung erzielt, könnten die Gefechte weitergehen, hatte der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu gedroht.
"Es ist kein Automatismus"
Israels Außenminister Gideon Saar warnte vor einem Scheitern des Abkommens. "Es ist kein Automatismus, von einer Phase in die nächste überzugehen", sagte er in einem Interview des US-Senders CNN. Es sei wichtig zu verstehen: "Die Hamas kann nicht länger die herrschende Macht im Gazastreifen sein", betonte Saar. Zugleich würdigte er die Rolle des künftigen US-Präsidenten Donald Trump bei den Verhandlungen über eine Waffenruhe. "Das starke Engagement von Präsident Trump in den vergangenen Wochen war sehr, sehr hilfreich." Es sei aber nicht so gewesen, dass Trump und sein künftiges Regierungsteam Israel gezwungen hätten, etwas zu akzeptieren, was sie nicht gewollt hätten.
Finanzminister Bezalel Smotrich machte abermals seinen entschiedenen Widerstand gegen die Vereinbarung deutlich. "Wir müssen den gesamten (Gaza-)Streifen erobern und dort eine Militärherrschaft errichten", sagte Smotrich im israelischen Militärradio. Es gebe keine "dritte Kraft", die dort die Kontrolle ausüben könne, unterstrich der Chef der Partei der religiösen Zionisten.
Die Hamas versicherte ihrerseits, sie werde die vereinbarte Waffenruhe einhalten. Ihr Sprecher Abu Obaida erklärte, die Vermittler müssten Israel zwingen, das Gleiche zu tun.
"Pakt mit dem Teufel"
Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, bezeichnete das Abkommen mit der Hamas als "Pakt mit dem Teufel". Unter den jetzt freigelassenen Palästinensern seien "Mörder mit Blut an den Händen", die nach ihrer Freilassung wieder morden würden, meinte Prosor im Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF). Dennoch sei das Abkommen "ein guter Anfang". Die Waffenruhe biete auch eine Möglichkeit zu sehen, ob es Kräfte auf Seiten der Palästinenser gebe, "die wirklich mit uns in Frieden leben wollen", sagte Prosor. "Bis jetzt sieht es nicht so aus", fügte er hinzu.
UN leisten humanitäre Hilfe
Die Vereinten Nationen (UN) fuhren derweil die Hilfslieferungen für die Bevölkerung im Gazastreifen hoch. Nach Inkrafttreten der Waffenruhe seien schon Hunderte Lastkraftwagen mit humanitären Gütern in das palästinensische Küstengebiet gefahren, erklärte UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher in New York. Trümmer zerbombter Gebäude und Munitionsreste stellten allerdings ein ernstes Hindernis für die Transporte dar.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und ihre Partner wollen während der Waffenruhe versuchen, Teile des Gesundheitssystems im Gazastreifen wieder funktionstüchtig machen. Nur die Hälfte der Hospitäler in Gaza sei teilweise arbeitsfähig, fast alle Kliniken seien zerstört oder beschädigt. "Die Übertragung von Infektionskrankheiten hat massiv zugenommen, die Unterernährung nimmt zu und die Gefahr einer Hungersnot bleibt bestehen", stellte die WHO fest.
wa/se/pg (dpa, afp, rtr, kna, epd)